Lexikographiegeschichte der altägyptischen Sprache
Mit der Entzifferung der Hieroglyphen durch Champollion im Jahr 1822 begann ein langer Prozess altägyptischer Lexikographie. Champollions große Leistung war die Wiedergewinnung der Lautwerte. Doch auch wenn er bereits zahlreiche Wörter korrekt identifizieren konnte, war die Bedeutung des Großteils des altägyptischen Wortschatzes noch unbekannt. Nach der Entzifferung war man nun zwar in der Lage, die Texte zu lesen, aber noch weit davon entfernt, sie zu verstehen.
Der Wissensstand erweiterte sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert stetig und kulminierte im „Wörterbuch der Aegyptischen Sprache”, das zwischen 1926 und 1931 von Adolf Erman und Hermann Grapow in fünf Bänden publiziert wurde. Dieses Wörterbuch ist noch heute ein Standardwerk, all seine Vorgänger sind dagegen vergessen. Diese Vorgängerwerke wieder ins Bewusstsein zu rufen und den Einfluss zu untersuchen, den die frühen Wörterbücher auf die Arbeit von Erman und Grapow hatten, war Gegenstand eines durch den Europäischen Sozialfonds geförderten Forschungsprojektes an der Universität Leipzig - “Altägyptische Wörterbücher im Verbund”. In diesem Projekt wurde eine Datenbank der ägyptischen Wörterbücher des 19. und frühen 20. Jahrhunderts entwickelt, in der die Wörterbucheinträge annotiert und mit der Wortliste des Thesaurus Linguae Aegyptiae (TLA; http://aaew.bbaw.de/tla/index.html) verlinkt sind.
Die in Leipzig initiierte Forschung wird in Köln fortgesetzt. Dabei stehen Aspekte wie Statistiken zur Quantität und Qualität der Wörterbucheinträge ebenso im Blickpunkt, wie die verwendeten Referenzen, Layout und Konzeption sowie die von den Wörterbuchautoren angewandten Methoden. Gerade das letztgenannte ist von besonderem Interesse, da die Autoren ihre Methoden nicht dokumentiert und reflektiert haben. Zudem wird die Entstehung der frühen Wörterbücher vor der Biographie ihrer Autoren betrachtet.
Datenbanklink
http://awv.informatik.uni-leipzig.de/awv/
Publikationen
- Sperveslage, G. (2017a): Carsten Niebuhr – en tidlig aegyptolog?, in: A. H. Hansen (Hrsg.): Hjembragt. 1767–2017. 250 år efter Carsten Niebuhrs Arabiske Rejse, Kopenhagen, 75–80
- Sperveslage, G. (2017b): Considering Carsten Niebuhr as an Early Egyptologist, in: A. H. Hansen (Hrsg.): Arrivals. The Life of the Royal Danish Expedition to Arabia 1767–2017, Kopenhagen, 75–80
- Sperveslage, G. (2017c): Carsten Niebuhr und die Ägyptologie. Oder: Unerwartete Nebenwirkungen von Arsenik, in: F. Feder, G. Sperveslage & F. Steinborn (Hrsg.): Ägypten begreifen. Erika Endesfelder in memoriam, IBAES 19, Berlin/London, 289–318
- Brose, M, Hensel, J., & Sperveslage, G. (2016): Von Champollion bis Erman. Lexikographiegeschichte im Digitalen Zeitalter, Projekt “Altägyptische Wörterbücher im Verbund”, in: M. Berti & F. Naether (Hrsg.), Altertumswissenschaften in a Digital Age. Egyptology, Papyrology and beyond. Proceedings of a Conference and Workshop in Leipzig, November 4-6, 2015, Online-Publikation <http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:15-qucosa-201542>
- Sperveslage, G. (2014): Ausgegraben: Der Wörterbuchentwurf von Samuel Birch. Ein Werkstattbericht, in: A. Lohwasser & P. Wolf (Hrsg.): Ein Forscherleben zwischen den Welten. Zum 80. Geburtstag von Steffen Wenig, Sonderheft der Mitteilungen der Sudanarchäologischen Gesellschaft zu Berlin e.V., Berlin, 323–334